
Grundsteuer: Was geändert wird – und warum.
Wozu dieser Artikel?
Nur wenige Themen beschäftigen mich in den letzten Monaten so stark, wie das der Grundsteuer und ihrer Reform. Es ist ein schwieriges Unterfangen, ein solch komplexes Thema so zu kommunizieren, dass politisch Verantwortliche auf allen Ebenen und – vor allen Dingen – die betroffenen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verstehen können, was es mit dieser Steuer auf sich hat und warum dort aktuell Anpassungen erfolgen bzw. welche Auswirkungen diese haben werden. Das von ChatGPT generierte Beitragsbild im Titel soll zeigen, worin das Problem besteht: Völlig unterschiedlich genutzte und bebaute Grundstücke konnten in der Vergangenheit in gleicher Lage nebeneinander bestehen und trotz ihrer Unterschiedlichkeit identisch besteuert werden. Warum das ungerecht war, das Bundesverfassungsgericht darin ein Problem sah und was wir in der Politik getan haben, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, möchte ich mit diesem Beitrag auflösen:
Häufig werde ich in diesen Tagen angerufen und auf unterschiedlichsten Wegen zu diesem Thema befragt. Grund dafür ist die jüngste Ankündigung aus der Landespolitik, dass bei der Grundsteuer in Rheinland-Pfalz eine Anpassung vorgenommen wird, die vor allen Dingen für unsere Kommunen und ihre Entscheidungsträger eine große Bedeutung haben. Konkret geht es um die aktuelle Debatte um die Splittung der Grundsteuer-B-Hebesätze in den rheinland-pfälzischen Gemeinden. Wie die Grundsteuer berechnet wird, welche politischen Hintergründe eine Rolle spielen und warum wir uns für die Splittung der Grundsteuer-B-Hebesätze entscheiden wollen, möchte ich in diesem Beitrag beantworten. Auch der Transparenz wegen und um zu zeigen, dass die Entscheidungen, die wir in RLP treffen, keineswegs willkürlich, sondern ausgesprochen durchdacht sind.
Sie möchten direkt etwas zur Entscheidung über die Splittung der Hebesätze bei der Grundsteuer B lesen? Scrollen Sie nach unten zum Punkt „Herausforderung: „Belastungsverschiebung“ – gesplittete Hebesätze bei der Grundsteuer B als Antwort!“
Was ist die Grundsteuer?
Die Grundsteuer ist eine Steuer, die auf Grundbesitz – Grundstücke, Gebäude, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft – erhoben wird. Steuerpflichtig sind die Eigentümerinnen und Eigentümer entsprechender Immobilien. Sie wird jährlich erhoben und fließt ausschließlich den Kommunen (Ortsgemeinden und Städte) zu. Bundesweit beläuft sich das Grundsteueraufkommen auf etwa 15 Mrd. Euro. Sie dient damit unmittelbar und erheblich zur Finanzierung kommunaler Aufgaben, wie dem Bau und der Unterhaltung von Schulen, Kindergärten, Schwimmbädern, Büchereien, Straßen, Spielplätzen, Radwegen und so weiter. Übrigens konjunkturunabhängig – anders also, als z.B. die Gewerbesteuer. Das bedeutet, dass die Grundsteuer eine hohe finanzielle Planungssicherheit für die Gemeinden liefert.
Warum wird etwas an der Grundsteuer geändert?
Die Grundsteuer und das ihr zugrundeliegende Bundesgesetz (Grundsteuergesetz) in seiner noch bis 31.12.2024 geltenden Fassung wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 10. April 2018 für verfassungswidrig erklärt. Gleichzeitig wurde der Bundesgesetzgeber vom Gericht dazu aufgefordert, bis spätestens 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen, die die Ursachen für diese Verfassungswidrigkeit beseitigt.
Gleichzeitig wurde festgelegt, dass nur noch Grundsteuerbescheide bis einschließlich des Steuerjahres 2024 auf dieser bisherigen Rechtsgrundlage erlassen werden dürfen. Grundsteuerbescheide für das Steuerjahr 2025 müssen das neue Recht übernehmen.
Grund für die Verfassungswidrigkeit war vor allen Dingen, dass die Einheitswerte auf veralteten Wertverhältnissen von 1964 (in den „alten“ Bundesländern) bzw. 1935 (in den „neuen“ Bundesländern) basieren. Das jahrzehntelange Ausbleiben einer Neubewertung hat zu erheblichen Wertverzerrungen geführt. Die bestehenden Regelungen ermöglichen keine realitätsgerechte Abbildung der Wertverhältnisse. Um diesen Mangel zu beseitigen, wurde im neuen Grundsteuergesetz, welches noch rechtzeitig vor Ablauf der Frist am 31. Dezember 2019 durch die Große Koalition (CDU/CSU und SPD) so verabschiedet wurde, eine entsprechende Neuregelung vorgenommen.
Was waren „Einheitswerte“? Der Einheitswert war ein vom Finanzamt festgelegter Grundstückswert, der die rechnerische Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer bildete. Vereinfacht gesagt: Je höher der Wert einer Einheit (Einheitswert), desto die zu zahlende Grundsteuer. Da die Bewertung der Einheiten auf veralteten Verhältnissen beruhte (1964 in den „alten“ Bundesländern bzw. 1935 in den „neuen“ Bundesländern), wurden diese vom Bundesverfassungsgericht als nicht mehr verfassungskonform angesehen. Es brauchte also eine Neubewertung.
Welche Änderungsmöglichkeiten gab es?
Am naheliegendsten wäre eine bundeseinheitliche Regelung gewesen, denn schließlich adressierte das Bundesverfassungsgericht die Forderung einer neuen Regelung an den für die Grundsteuer zuständigen Bundesgesetzgeber. Da es in der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) allerdings mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen vehementen Gegner der von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) beabsichtigten Reform gab, lehnte Söder diese ab und forderte stattdessen eine so genannte „Länderöffnungsklausel“ – also eine Regelung, nach der die Bundesländer die Möglichkeit erhalten sollten, eigene Grundsteuerregelungen für das jeweilige Bundesland festzulegen. Am 21.06.2019 kam es dann zu einer Einigung: Die Grundsteuerreform sollte rechtzeitig kommen, allerdings unter Hinzunahme der von Markus Söder (CSU) geforderten Länderöffnungsklausel.
Damit gibt es nach heutigem Stand bundesweit keine einheitliche Herangehensweise bei der künftigen Besteuerung, sondern ein heterogenes Bild in der Anwendung unterschiedlicher Systeme, wobei der allergrößte Teil der Bundesländer das Bundesmodell übernimmt – so auch Rheinland-Pfalz.
Im Wesentlichen unterscheiden sich die Methoden in einer wertabhängigen Bewertungsmethode (z.B. Bundesmodell) und Methoden, die eher nur auf die Fläche und Lage des Grundstückes abstellen (Flächenmodelle/Bodenwert).
Warum hat sich Rheinland-Pfalz für das „Bundesmodell“ entschieden?
Weil es nach der Auffassung der Ampelfraktionen das gerechtere Modell darstellt. Die CDU-Landtagsfraktion brachte in 2022 einen Antrag auf ein Landesgrundsteuergesetz Rheinland-Pfalz ein, das sich am modifizierten Bodenwertmodell aus Baden-Württemberg orientierte. Wir lehnten das mit der Ampel-Mehrheit ab und sind bis heute der Auffassung, dass wir mit der Anwendung des Bundesmodells und der wertorientierten Methodik das gerechtere Modell wählen.
Die Opposition im Landtag führte vor allen Dingen das Argument der Bürokratie in den Raum, denn bei Anwendung eines wertabhängigen Grundsteuersystems wie dem Bundesmodell, bedarf es im Vergleich zu Boden-/Flächenmodellen natürlich deutlich detailliertere Angaben seitens der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer. Ich habe im Landtagsplenum die Auffassung vertreten, dass wir bei einer Besteuerung unserer Bevölkerung die Einfachheit eines Steuersystems nicht in den Vordergrund stellen dürfen. Besteuerung hat immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun – was übrigens auch der Grund für das Urteil des Bundesverfassungsgericht war, welches uns erst in die Pflicht versetzte, ein neues Grundsteuerrecht zu schaffen.
Wenn wir mit einem höheren Verwaltungsaufwand mehr Gerechtigkeit mit dem Bundesmodell erreichen, ist das im Interesse einer fairen und möglichst realitätsnahen Besteuerung jeden Euro wert. Einfacher und schneller heißt eben nicht gerechter.
Letztlich wurde damit auch die Entscheidung getroffen, dass im Land Rheinland-Pfalz das Bundesmodell angewandt wird.
Wie funktioniert das Bundesmodell?
Rein grundsätzlich ändert sich an der mathematischen Berechnung der Grundsteuer auch ab 2025 nichts. Die Grundformel zur Errechnung der individuellen Steuerlast folgt einer einfachen Multiplikation:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer
Grundsteuerwert
Bei der Ermittlung des Grundsteuerwertes war die Mithilfe der Bevölkerung nötig. So musste jeder Grundstückseigentümer für jedes der im Eigentum stehenden Grundstücke in einer so genannten „Feststellungserklärung“ gegenüber dem zuständigen Finanzamt u.a. angeben, welche Fläche das Grundstück hat, welcher Bodenrichtwert zugrundeliegt, um welche Art der Immobilie es sich handelt (Wohngrundstück, Nichtwohngrundstück, Land-/Forstwirtschaft, unbebaut), welches Alter vorhandene Gebäude haben und welche Nutzungsart (Eigennutzung, Vermietung etc.) besteht. Stichtag für die Angaben war der 1. Januar 2022. Diese Angaben waren bis zum 31. Januar 2023 abzugeben.
Aus diesen Angaben konnten die Finanzbehörden den neuen Grundsteuerwert feststellen und mittels eines eigenen Feststellungsbescheides in Richtung der Eigentümerinnen und Eigentümer verbindlich festlegen.
Hinweis: Das Land Rheinland-Pfalz unterstützte die Bevölkerung bei der Abgabe der Feststellungserklärungen mit zahlreichen Angaben und wichtigen Basisdaten (Fläche, Bodenrichtwert, Angaben aus dem Grundbuch etc.) und erleichterte die Abgabe der Erklärungen durch die Bevölkerung im bundesweiten Vergleich sehr deutlich.
Steuermesszahl
Nachdem die Grundsteuerwerte festgestellt waren, konnte in einem nächsten Schritt durch die Finanzbehörden die so genannte Steuermesszahl angewandt werden. Bei der Steuermesszahl handelt es sich um einen Promillesatz, der mit dem vorher festgestellten Grundsteuerwert multipliziert wird. Mit den Steuermesszahlen kann der Gesetzgeber politische Maßstäbe bei der Besteuerung einheitlich festlegen. So kann er zum Beispiel bestimmte Immobilienarten oder Nutzungsformen steuerlich begünstigen oder belasten. Diese Steuermesszahlen nach dem Bundesmodell sind im neuen Grundsteuergesetz wie folgt geregelt:
Auszug vom FAQ des Bundesfinanzministeriums: Um den Wertsteigerungen, die im Vergleich der aktuellen mit den seit dem Jahr 1935 beziehungsweise 1964 nicht mehr aktualisierten Werten entstanden sind, zu begegnen, wird die sogenannte Steuermesszahl – ein Faktor, der für die Berechnung der Grundsteuer wichtig ist – kräftig etwa auf 1/10 des bisherigen Werts gesenkt, das heißt auf 0,031 Prozent für Wohngrundstücke (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) bzw. auf 0,034 Prozent für Nichtwohngrundstücke (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke). Außerdem werden der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen weiter, auch über die Grundsteuer, gefördert. Deshalb erhalten solche Gesellschaften, die günstiges Wohnen möglich machen, sowie Wohnungen der sozialen Wohnraumförderung einen zusätzlichen Abschlag bei der Steuermesszahl um 25 Prozent, der sich steuermindernd auswirkt.
Durch die Mulitplikation mit den Steuermesszahlen wurden seitens der Finanzbehörden landesweit mehr als 2 Millionen wirtschaftliche Einheiten berücksichtigt und entsprechende Grundsteuermessbescheide gegenüber den Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern erlassen. Das Ergebnis: Grundsteuermessbeträge, die die mathematische Grundlage für den dritten und letzten Schritt bilden: Die kommunalen Hebesätze.
Hebesätze
Die letzte rechnerische Komponente bei der Ermittlung der Grundsteuer ist der so genannte Hebesatz. Er ist jenes Instrument, mit dem die Kommunen die Höhe ihrer Grundsteuereinnahmen selbst beeinflussen können. Je höher die Hebesätze, desto höher die Einnahmen aus der Grundsteuer.
Das Bundesmodell sieht drei verschiedene Hebesätze vor, die die Kommunen für sich heranziehen können:
- Grundsteuer A: Betriebe der Land- und Forstwirtschaft
- Grundsteuer B: sonstige Grundstücke (bebaut und unbebaut)
- Grundsteuer C: baureife, aber unbebaute Grundstücke (um Spekulationen zu verteuern und finanzielle Anreize zu schaffen, auf baureifen Grundstücken tatsächlich auch Wohnraum zu schaffen)
Wichtiger Hinweis: In Rheinland-Pfalz ist beabsichtigt, die Regelungen über die Hebesätze über ein eigenes Landesgesetz zu ändern und den Kommunen eine zusätzliche Differenzierung bei der Grundsteuer B zu ermöglichen – siehe Punkt „Herausforderung: „Belastungsverschiebung“ – gesplittete Hebesätze bei der Grundsteuer B als Antwort!“
Die Entscheidung über die jeweilige Höhe der Hebesätze wird nicht nur politisch festgelegt, sondern sie unterliegt auch externen Faktoren.
Da wäre zunächst die Frage, wie viel Geld die Kommune benötigt, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese Frage beantwortet die Kommune im Wege ihrer jährlichen Haushaltsplanung. Steigen Kosten zur Erfüllung von Aufgaben (Schulen, Kitas, Straßen, Spielplätze, Friedhöfe etc.) beispielsweise durch gestiegene Energie- oder Lohnkosten und allgemeine Preissteigerungen, hat die Kommune die Möglichkeit, über einen höheren Hebesatz Mehreinnahmen zu generieren, um den Haushaltsausgleich herbeizuführen.
Ebenfalls im Kontext des Haushaltsrechts wird auch die zuständige Aufsichtsbehörde (Kommunalaufsicht) regelmäßig überprüfen, ob die Kommune ausreichend Einnahmen generiert, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Auch der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hatte hierzu im Kontext des Kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz von einer „größtmöglichen Kraftanspannung“ gesprochen.
Verfassungsrechtlich unbedenklich ist es, wenn der Gesetzgeber im Rahmen der Neukonzeption die auch bei den Kommunen bestehenden Einflussmöglichkeiten berücksichtigt und von ihnen eine größtmögliche Kraftanspannung fordert. (…)
Eine weitere Komponente sind auch die so genannten Nivellierungssätze des Landes Rheinland-Pfalz. Wer sich über die Rolle der Nivellierungssätze und das Zusammenspiel zwischen kommunalem Finanzausgleich und Hebesätzen bei der Grund- und der Gewerbesteuer interessiert, den verweise ich auf folgenden Artikel vom 03. Februar 2023:
Sobald die Kommunen ihre Hebesätze festgelegt haben, können auf dieser Grundlage die Grundsteuerbescheide von der Kommunalverwaltung erlassen werden. Bei Ortsgemeinden ist dies die Verbandsgemeinde- bei Städten die Stadtverwaltung.
Bei der Festlegung der Hebesätze ist für die kommunalen Entscheiderinnen und Entscheider noch zu beachten, dass diese bis spätestens 30.06. des jeweiligen Steuerjahres beschlossen sein müssen. Dabei gibt es die Option, die Hebesätze in die Haushaltssatzung aufzunehmen oder diese auch in einer eigenen kommunalen Satzung (Grundsteuerhebesatzsatzung) zu normieren.
Aufkommensneutralität der Hebesätze
Wie auch nochmal in einer Beantwortung einer Kleinen Anfrage seitens der Bundesregierung vom 28. Februar 2023 erläutert wird, hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) erklärt, dass die Grundsteuerreform für die Kommunen „möglichst aufkommensneutral“ sein soll. Städte und Gemeinden sollen also infolge der Reform nicht zu höheren Einnahmen kommen.
Problematisch war dabei immer wieder, dass vereinzelt der Eindruck entstand, die Grundsteuer dürfe auch im individuellen Einzelfall nicht höher ausfallen. Hier ist noch einmal klarzustellen, dass die Reform einer durch das Verfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuften Grundsteuergesetzgebung im Ergebnis nicht dazu führen kann, dass es keine Veränderungen in der individuellen Besteuerung gibt. Mit der Reform der Grundsteuer wurde ja gerade das Ziel verfolgt, die Ungerechtigkeiten, welche das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die alte Rechtslage feststellte, zu beseitigen.
Insoweit kommt es bei der Aufkommensneutralität nicht auf den individuellen Einzelfall, sondern letztlich auf die Grundsteuererträge der jeweiligen Gemeinde an.
Das rheinland-pfälzische Finanzministerium veröffentlichte vor kurzer Zeit eine Tabelle, die den Kommunen die jeweiligen Hebesätze liefert, um Aufkommensneutralität herbeizuführen.
Herausforderung: „Belastungsverschiebung“ – gesplittete Hebesätze bei der Grundsteuer B als Antwort!
Wie sich derweil herausstellte, kam es auch in Rheinland-Pfalz zu einem Phänomen, das in den letzten Wochen sehr intensiv diskutiert wurde. Die Grundsteuerwerte lassen erkennen, dass es bei der Grundsteuer B in manchen rheinland-pfälzischen Kommunen eine Belastungsverschiebung von gewerblich genutzten Grundstücken hin zu Wohngrundstücken geben kann. Vereinfacht gesagt, besteht also die Möglichkeit, dass in manchen Kommunen durch die neue Bewertung der Grundstücke Wohngrundstücke künftig stärker belastet sind, als Nichtwohngrundstücke.
Um dieser Herausforderung etwas entgegensetzen zu können, haben wir uns zwischenzeitlich als Ampel-Fraktionen im Landtag auf den Weg gemacht, von der Länderöffnungsklausel Gebrauch zu machen und ein eigenes Landesgrundsteuerhebesatzgesetz zu beschließen. Mit der in dem Gesetz gebotenen Option für die Kommunen, differenzierte Steuersätze zu erheben, können spezifische Verhältnisse vor Ort berücksichtigt werden.
Durch das Landesgrundsteuerhebesatzgesetz Rheinland-Pfalz, welches im Dezember in den Landtag eingebracht wird, soll den Kommunen die Möglichkeit geboten werden, bei den Hebesätzen für die Grundsteuer B zu unterscheiden zwischen Wohngrundstücken, Nichtwohngrundstücken und unbebauten Grundstücken. Für die Kommunen im Land besteht durch die Gesetzesänderung eine Handlungsoption, aber keine Pflicht. Es müssen keine Anpassungen vorgenommen werden. Dort, wo die Kommune eine Differenzierung der Hebesätze für sinnvoll erachtet, bedarf es einer sachlichen Begründung, die beispielsweise in der Verwirklichung kommunalpolitischer Ziele wie etwa der Förderung des Wohnraumangebots in der Gemeinde liegen könnte. Entscheidet sich eine Kommune dafür, ist der Beschluss zum Grundsteuerhebesatz bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres zu treffen – er gilt rückwirkend zum Start des Jahres. Ein Beschluss bis zum 30. Juni 2025 ermöglicht also rückwirkende Änderungen zum 1. Januar 2025.
Mehr Hintergründe dazu in der Pressemitteilung der Ampel-Fraktionen des Landtages Rheinland-Pfalz vom 20.11.2024:
Warum änderte man nicht die Steuermesszahlen oder das grundsätzliche Bewertungsmodell (Bundesmodell), um die Belastungsverschiebung zu beseitigen?
Die Wahl auf die Splittung der Grundsteuer-B-Hebesätze folgt vor allen Dingen einer inhaltlichen Argumentationslinie:
Würde man sich jetzt noch für ein gänzlich anderes Bewertungsverfahren entscheiden (siehe Punkt „Welche Änderungsmöglichkeiten gab es?“), müssten man von seiner Überzeugung, dass das von uns gewählte Bundesmodell gerechter ist, abweichen. Ich bleibe dabei: Das Bundesmodell ist das Modell, welches den Lebenssachverhalt am besten abbildet und die Bewertung des Grundstückes möglichst realitätsnah in Betracht zieht. Es ist also schon aus Gerechtigkeitsgründen heraus geboten, an dieser Bewertungsmethode festzuhalten (siehe Punkt „Warum hat sich Rheinland-Pfalz für das „Bundesmodell“ entschieden?“).
Alternativ wird immer wieder von einer nachträglichen Anpassung der Steuermesszahlen gesprochen (siehe Punkt „Wie funktioniert das Bundesmodell“ – Unterpunkt „Steuermesszahl“). Da die Belastungsverschiebung nicht überall und nicht in gleicher Höhe besteht, halte ich es für ungeeignet, landeseinheitlich die Steuermesszahlen anzupassen. Will man die Belastungsverschiebungen trennscharf beseitigen, kann man das nicht mit einem landeseinheitlichen Instrument erreichen.
Die Grundsteuer ist und bleibt eine „Kommunalsteuer“. Der Ertrag aus ihr steht in voller Höhe den Kommunen zu. Die kommunalen Gremien, die die politische Entscheidung über die Höhe der Grundsteuer zu treffen haben, kennen die örtliche Situation bestens und können ihre Entscheidung in die eine oder andere Richtung begründen und somit auch die Einnahmen sichern, die sie für die eigene Aufgabenerfüllung benötigen.
Fazit
Mit der Grundsteuerreform des Bundes, der neuen Bewertungsmethode und der Splittung der Hebesätze bei der Grundsteuer B in Rheinland-Pfalz können wir die Einnahmen der Kommunen sichern. Dass diese Reform Be- und Entlastungen an unterschiedlichen Stellen produziert, ist ein Effekt, der auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zurückzuführen ist, denn letztlich haben wir durch die Reform eine jahrzehntelange Ungerechtigkeit beseitigt.
© Markus Stein, 2024 | Alle Angaben ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Richtigkeit | Alle Rechte vorbehalten
Das könnte dich auch interessieren

Markus Stein und Michael Simon (SPD) zur Kritik aus Langenlonsheim am Kommunalen Finanzausgleich des Landes
8. Oktober 2023
Rede im Landtag: Anhebung der Steuerfreibeträge bei Erbschafts- und Schenkungssteuer
25. Januar 2023